Gabenzäune: solidarisch im Kiez

Veröffentlicht von Wiebke Neumann 9. Juli 2020

Herausforderungen für obdachlose Menschen

Die Covid19-Pandemie hat obdachlose und von Armut betroffene Menschen nochmal ganz besonders herausgefordert. Viele Unterstützungseinrichtungen wie beispielsweise die Tafeln mussten ganz oder teilweise schließen. Überlebensquellen, wie Flaschen sammeln oder das Verkaufen von Zeitungen, funktionierten nicht mehr. Zuhause bleiben war keine Option für die, die kein Zuhause haben.

Unterstützungsmöglichkeiten

Viele Initiativen und Ehrenamtliche haben schnell reagiert und bieten Alternativen. Einen Überblick gibt es auf den Seiten der Berliner Obdachlosehilfe e.V. (Link)

  • Die Sozialgenossenschaft Karuna hat über Teams Geld an obdachlose Menschen verteilt, um die akute Not zu lindern.
  • Der Senat hat drei temporäre Unterkünfte ermöglicht. Zwei dieser Angebote sind weiterhin da. Die Berliner Stadtmission bietet weiter eine 24/4 Unterkunft für 106 obdachlose Menschen in der Lehrter Straße. Die Gewebo öffnet die 24/7 Unterkunft in der Storkower Straße mit 100 obdachlose Menschen wieder als Notübernachtung.
  • Das Duschmobil für wohnungslose Frauen des Sozialdienstes katholischer Frauen e.V. Berlin (SKF) ist an verschiedenen Standorten unterwegs und verteilt insbesondere in der Sommerhitze auch Wasser.
  • Die Wohnungslosentagesstätte in Schöneberg hat ihre Arbeit umgestellt, um weiterhin für die Menschen da sein zu können und beispielsweise Beratung und Verpflegung anzubieten.

Gabenzäune: solidarisch im Kiez

Und etwas ganz Neues ist entstanden: An vielen Stellen in Berlin und im Bezirk haben sich Ehrenamtliche zusammengetan und sogenannte Gabenzäune initiiert. Teilweise mit Unterstützung von Träger*innen oder Unternehmen.

Das Prinzip ist einfach: Anwohner*innen spenden an Gabenzäunen Essen oder Kleidung. Dazu werden die Spenden wetterfest und sauber verpackt und beschriftet. Obdachlose Menschen können sich dann nach Bedarf versorgen. Das funktioniert rund um die Uhr, anonym und niedrigschwellig.

Hierzu wurde von den Erfahrungen des Hamburger Gabenzauns gelernt, der bereits seit 3 Jahren Spenden für wohnungs- und obdachlose Menschen unterstützt. Der Zaun steht auf öffentlichem Grund und wird vom Bezirksamt geduldet. Es hat sich dort ein Verein gegründet, der den Gabenzaun „bespielt“.

Die Ehrenamtlichen in Berlin organisieren sich u.a. über die Webseite gabenzaun.de und über Telegram-Messenger-Gruppen. Sie bestücken die Zäune und machen regelmäßig Ordnung, damit keine Verwahrlosung eintritt. Sie haben auch mögliche Probleme im Blick wie unsachgemäße Spenden, Müll oder „Abräumen“ großer Mengen.

Dieses tolle Engagement und die Idee der Gabenzäune wollen wir auch über die aktuelle Corona-Situation hinaus erhalten. Und mit den vorhandenen Angeboten von Träger*innen und Bezirksamt verknüpfen.

Deshalb hatte ich mit vielen Ehrenamtlichen Kontakt und habe mir auch vor Ort die Bestückung der Gabenzäune angeschaut. Daraus ist ein Antrag in der BVV entstanden (Link zum Antrag) und im Sozialausschuss wurde beschlossen, die Zukunft der Gabenzäune zum Thema beim Runden Tisch Obdachlosigkeit im September zu machen. Dazu sind auch einige der ehrenamtlich Engagierten eingeladen, das freut mich ganz besonders. Der Bezirk soll hier alle an einen Tisch bringen: Ehrenamtliche, Träger*innen und auch Unternehmen, die aktuell Gabenzäune unterstützen. Für mich ein gutes Beispiel, dass wir das soziale Engagement der Menschen im Kiez noch viel stärker wertschätzen und unterstützen müssen.

Ich werde die Gabenzäune und weiteren Angebote weiter begleiten.