Meine erste Rede im Parlament: Für einen noch besseren Landesmindestlohn

Veröffentlicht von Wiebke Neumann 3. April 2024

Im Abgeordnetenhaus Berlin haben wir über den Landesmindestlohn gesprochen. Den Landesmindestlohn bekommen alle, die für das Land Berlin arbeiten, aber keine Beamt*innen sind oder unter einen Tarifvertrag fallen. Für die SPD-Fraktion habe ich in der Debatte klargemacht:

Wir streben eine Erhöhung des Landesmindestlohns an, wollen dafür die vorhandenen Spielräume ausnutzen, ihn zukünftig dynamisch anpassen und bereiten eine rechtssichere Grundlage vor, um sicherzustellen, dass Zulagen und Zuschläge nicht mehr mit dem Mindestlohn verrechnet werden. So machen wir gemeinsam den Berliner Landesmindestlohn noch besser und wirkungsvoller.

Seit über 10 Jahren gilt das Landesmindestlohngesetz und es war und ist weiter ein wichtiges Signal aus Berlin an das ganze Land für einen angemessenen und gerechten Mindestlohn. Mein Fraktionskollege Sven Meyer ist hier ein engagierter Fürsprecher für diese Vorreiterrolle Berlins und dass wir sie weiter stärken, dafür bin ich sehr dankbar. Denn es ist eine Frage der Gerechtigkeit! Wir sind auch einig darin, dass es einen höheren Landesmindestlohn braucht. Beim Weg dahin gibt es Unterschiede.

In der Vergangenheit wurde heiß darüber debattiert, ob Mindestlöhne überhaupt notwendig seien. Zum Glück sind wir da weiter: Heute ist die Antwort eindeutig: Ja, wir brauchen eine Lohnuntergrenze, denn der Markt regelt nicht alles.

Was auch klar ist: Der Berliner Landesmindestlohn muss über dem Bundesmindestlohn liegen. Auch hier gibt es große Einigkeit. Das tut er aktuell mit den 13 Euro und diese Erhöhung auf 13 Euro war wichtig und richtig. Aber es kann nicht unser politischer Anspruch sein, alle paar Monate eine Zahl im Landesmindestlohngesetz zu ändern. Das ist nicht verlässlich und die Debatten und Abläufe können zeitlich gar nicht sinnvoll dynamische Entwicklungen abbilden. Also geht es jetzt darum, das Gesetz, das wir aktuell haben, mit einer Verordnung in seiner gesamten Spanne ausnutzen, um den Landesmindestlohn schnellstmöglich anzupassen.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist es sicherzustellen, dass Zulagen und Zuschläge nicht mehr auf den Mindestlohn angerechnet werden. Dies ist eine spürbare Verbesserung für die Beschäftigten und ein weiterer Schritt in Richtung armutsfester Löhne. Hier bereitet die Koalition gerade einen rechtssicheren Vorschlag vor, den wir hier als Gesetz abstimmen werden.

Bei allen Debatten um den Landesmindestlohn ist es wichtig zu betonen, dass Mindestlöhne immer die unterste Grenze darstellen und nicht das endgültige Ziel sind. Tarifverträge bleiben das beste Instrument für faire Löhne und geschlechtergerechte Entlohnung.

Die Rede im Wortlaut:

Quelle: https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/PlenarPr/p19-044-wp.pdf#page=76

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dass wir heute erneut über den Landesmindestlohn sprechen, liegt auch daran, dass Berlin hier eine Vorreiterrolle einnimmt. Darin sind sich die demokratischen Fraktionen hier ja auch offensichtlich einig.

Seit über zehn Jahren gilt das Landesmindestlohngesetz, und das war und ist ein wichtiges Signal aus Berlin in das ganze Land für einen angemessenen und gerechten Mindestlohn.

Mein Fraktionskollege Sven Meyer ist hier ein engagierter Fürsprecher für diese Vorreiterrolle Berlins, und dafür sind wir ihm auch sehr dankbar, denn es ist eine Frage der Gerechtigkeit.

Wir sind uns auch darin einig, dass es einen höheren Landesmindestlohn braucht. Beim Weg dahin gibt es Unterschiede – das haben wir hier schon gehört –, und das wurde sowohl in der ersten Lesung als auch im Ausschuss bereits diskutiert.

Dass wir hier überhaupt über Mindestlöhne sprechen können, ist nicht ganz selbstverständlich, denn jahrelang gab es politisch und gesellschaftlich Auseinandersetzungen dazu, ob es denn überhaupt Mindestlöhne in irgend- einer Form brauche. Mittlerweile stellt sich diese Frage kaum noch, zu Recht, denn natürlich brauchen wir eine Lohnuntergrenze in Form von Mindestlöhnen. Der Markt

regelt halt nicht alles. Ich bin froh, dass wir hier in Berlin schon früh vorangegangen sind und weiter vorangehen.

Ohne Berlin wären wir übrigens auch beim Mindestlohn auf Bundesebene nicht so weit, wie wir sind. Und weil gestern der Equal-Pay-Day war und morgen der Internationale Frauenkampftag ist, noch eine Bemerkung zum Mindestlohn generell, denn der Mindestlohn hat bei Frauen seit seiner Einführung zu stärkeren Anstiegen bei durchschnittlichen Stundenlöhnen und monatlichen Ver- diensten geführt, und damit ist er natürlich auch aktiver Teil einer Reduzierung der Entgeltungleichheit nach Geschlecht und beim Schließen der Lohnlücke.

Was auch klar und hier einig ist: Der Landesmindestlohn in Berlin muss über dem Mindestlohn liegen, und zwar deutlich. Das tut er aktuell mit den 13 Euro, und diese Erhöhung war auch richtig, und sie war wichtig.

Jetzt geht es darum, die Regelungen zu nutzen, die es darüber hinaus noch gibt – die Spielräume im Gesetz zu nutzen. Es kann doch nicht unser politischer Anspruch hier miteinander sein, alle paar Monate über eine Zahl im Landesmindestlohngesetz zu sprechen. Das ist nicht verlässlich, und die Debatten und Abläufe, die wir hier dann miteinander hätten, können auch zeitlich gar nicht sinn- voll dynamische Entwicklungen abbilden.

Also geht es jetzt darum, das Gesetz, das wir aktuell haben, mit einer Verordnung in seiner gesamten Spanne auszunutzen, um den Landesmindestlohn schnellstmöglich anzupassen und zu erhöhen. Die Grundlage dafür – das klang hier schon mehrfach an – ist die Regelung im Landesmindestlohngesetz, die vorsieht, wegen veränderter wirtschaftlicher und sozialer Verhältnisse den Mindestlohn anpassen zu können. Das muss genutzt werden, und dann landen wir natürlich bei über 13 Euro. Und es soll künftig zu einer dynamischen Anpassung kommen, damit sich die Leute auch darauf verlassen können, dass dynamisch angepasst wird – im Landesmindestlohn und auch im Vergabemindestlohn.

Das ist noch nicht alles, was die Koalition vorhat, denn auch vereinbart im Koalitionsvertrag ist, dass der Landes- und der Vergabemindestlohn der Grundstundenlohn sind, ohne weitere Zulagen, und dass das Gesetz entsprechend angepasst wird. Hier geht es also um eine ganz spürbare Verbesserung für die Beschäftigten. Die Zulage und die Zuschläge sollen nicht mehr auf die Berechnung des Landes- und des Vergabemindestlohns – nicht vergessen! – angerechnet werden dürfen, also im Prinzip schon das, was der Antrag im zweiten Teil zumindest fordert.

Damit das aber auch gelingt, braucht es eine rechtssichere Grundlage dafür, und da gilt, wie so oft in der Politik, Gründlichkeit. Da ist die SPD-Fraktion auch bereits dran.

Das muss dann auch für den Vergabemindestlohn gelten. Der ist nämlich mindestens genauso wichtig, um viele Menschen hier in Berlin vor Armut trotz Arbeit zu schützen.

Und wir können hier nicht nur über Mindestlöhne sprechen, wenn es um Existenzsicherung und um armutsfeste Löhne geht, denn Mindestlöhne sind immer die unterste Grenze und nie das Ziel.

Wir brauchen den gesamten Instrumentenbaukasten, und das beste Rezept für gute Löhne sind übrigens immer noch Tarifverträge. Das möchte ich hier als ehemalige Betriebsrätin einmal einwerfen.

Übrigens auch das beste Rezept, über geschlechtergerech- te Löhne und das Schließen der Lohnlücke zu sprechen: Tarifverträge.

Abschließend noch einmal zusammenfassend zum Lan- desmindestlohn: Wir wollen die Erhöhung. Wir wollen die Spielräume der bestehenden Regelung dafür nutzen. Wir wollen, dass Vergabe- und Landesmindestlohn künf- tig dynamisch angepasst werden, und gleichzeitig werden wir rechtssicher und gründlich dafür sorgen, dass die Zulagen und Zuschläge nicht mehr angerechnet werden. So machen wir dann gemeinsam den Landesmindestlohn noch besser und wirkungsvoller. – Vielen Dank!